Circularity Gap: Warum nimmt unsere Kreislauffähigkeit immer weiter ab?

Circularity Gap: Warum nimmt unsere Kreislauffähigkeit immer weiter ab und was können wir dagegen tun?

Der Circularity Gap Report der Circle Economy Foundation untersucht jährlich, wie groß der zirkuläre Anteil an der Weltwirtschaft ist. Seit ein paar Jahren nimmt der Anteil der kreislauffähigen Ressourcen unserer globalen Wirtschaft aber immer weiter ab. Aber warum ist das so? Und was kann man dagegen tun?

In einer westlichen, weißen Wohlstandsblase kann man sich in 2023 schon mal der Illusion hingeben, dass uns schnurstracks auf dem Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft befinden: Wir kaufen einen immer größeren Teil unserer Kleidung im Secondhandladen ein, haben ein Pfandsystem, holen unseren Haferkaffee im wiederverwendbaren Recup und vielleicht lassen ein paar von euch eure Wertstoffe sogar von recyclehero abholen.

Dabei dürfen wir jedoch unseren immer noch auf Hochtouren schwebenden Konsum sowie die schier unendliche Entnahme von Ressourcen nicht vergessen. Auf globaler Ebene sieht die Rechnung um unsere Kreislauffähhigkeit nämlich nicht besonders rosig aus: Hauptsächlich angetrieben durch die steigende Entnahme und Verwendung neuer Rohstoffe sinkt der zirkuläre Anteil unserer Weltwirtschaft laut Circle Economy Foundation seit Jahren kontinuierlich von 9,1% im Jahr 2018 auf 8,6% 2020 und nun 7,2% im Jahr 2023.

 

Wie wird der Circularity Gap gemessen?

Die 7,2% der Materialien, die kreislauffähig sind, sind sogenannte Sekundärrohstoffe, die nach ihrem Gebrauch wieder in die globale Wirtschaft zurückfließen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass fast 93% an Materialien entweder weggeworfen, zerstört oder verloren sind beziehungsweise über Jahre hinweg nicht zur Nutzung freistehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie in Gebäuden, Fahrzeugen oder anderen lange bestehenden Gegenständen verbaut sind.

 

Welche Auswirkungen hat der Circularity Gap?

Je höher der Circularity Gap, desto weniger kreislauffähig sind wir, desto umweltschädlicher verhalten wir uns also. Dieser Trend lässt sich auch an anderen Statistiken verdeutlichen: Bereits jetzt sind sechs von neun "planetarischen Grenzen" überschritten, die die Gesundheit unserer Umwelt an Land, im Wasser und in der Luft messen. Seit September 2023 gibt es erstmals eine wissenschaftliche Definition von neun globalen Prozessen, die die Stabilität und Widerstandsfähigkeit des Erdsystems regulieren.

Wissenschaftler*innen haben neun planetarische Grenzen definiert, die für das Wohlbefinden der Erde nicht überschritten werden sollten.

Wenn eine der neun planetarischen Grenzen überschritten ist, kann das irreversible Folgen haben. Ein Beispiel hierfür wäre der Wendepunkt, den die Erde erreichen könnte, wenn sich durch die Abholzung des Amazonas Regenwalds nicht nur das lokale sondern auch das globale Klima so radikal verändert haben, dass das Ergebnis so groß sein könnte wie das Aussterben des Amazonas als Regenwald und die Verwandlung in eine trockene Savanne. Es lassen sich also nicht alle Prozesse rückgängig machen.

Wenn wir der Erde in gieriger Manier nach mehr immer weiter Rohstoffe entziehen, beeinträchtigen wir das System, auf das wir zum Leben angewiesen sind. Wir bedrohen Lebensräume, löschen Spezies aus und führen Böden und Wasser gefährliche Giftstoffe zu, die irreversiblen Schaden auslösen.

 

Eine andere Messweise, die die übermäßige Entnahme von Rohstoffen gut verdeutlicht, ist der sogenannte Earth Overshoot Day. Er sagt für jedes Land und auch global aus, nach wie vielen Tagen die Ressourcen aufgebraucht sind, die uns eigentlich zur Verfügung stehen. Im Jahr 2023 fiel er im globalen Durchschnitt auf den 2. August – in der Theorie bedienen wir uns also vom 2. August bis Jahresende mit Ressourcen, die uns für einen nachhaltigen Umgang mit dem Planeten nicht zustehen. Kurz überschlagen bedeutet das, dass wir global circa 40% Ressourcen zu viel nutzen.

In Deutschland wiederum war der Earth Overshoot Day in 2023 am 4. Mai. Das spricht dafür, dass wir in Deutschland der Erde noch mehr Ressourcen entziehen, und den Klimawandel mit unseren global vergleichsweise stark ausgeprägtem Konsum weiter befeuern. Kurzes Überschlagen ergibt, dass wir unseren Ressourcenverbrauch in Deutschland um circa zwei Drittel reduzieren müssen, wenn wir im Rahmen der planetarischen Kapazität handeln wollen.

 

Wie können wir den Circularity Gap schließen?

Die Kreislaufwirtschaft könnte die Überschreitung der meisten planetarischen Grenzen laut Circle Economy Foundation rückgängig machen, indem sie die Rohstoffentnahme um ein Drittel verringert. Dafür präsentiert die Circle Economy Foundation vier Kernaufgaben:

  • Narrow: Wir sollten unseren Ressourcenverbrauch signifikant reduzieren.
  • Slow: Wir sollten Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, so lange nutzen wie möglich.
  • Regenerate: Wir sollten dafür sorgen, dass die Beschaffung von Ressourcen auf saubere Weise stattfindet.
  • Cycle: Wir sollten Ressourcen nach ihrem Lebenszyklus wieder benutzen.

Die vier Kernaufgaben um den Circularity Gap zu schließen sind Narrow, Slow, Regenerate und Cycle.

Diese vier Kernannahmen sollen sich in erster Linie auf den Umgang mit Ressourcen in vier Systemen auswirken:

  • Nahrung und Landwirtschaft
  • Mobilität und Transport
  • Fertige Waren und Verbrauchsgüter
  • Bau

 

Nahrung und Landwirtschaft

Langfristig sollten wir hauptsächlich Nahrungsmittel anbauen und konsumieren, die eine geringe Auswirkung auf die Umwelt haben. Das bedeutet, die Anbaufläche sollte nicht zu groß sein, Wasser sollte in Maßen benutzt werden und auch der CO2-Ausstoß in Anbau, Produktion und Transport sollte nicht überhandnehmen.

Auch der lokale, saisonale und biologische Anbau von Lebensmitteln kann erheblich zur einer verringerten Umweltauswirkung beitragen. Damit wir auch langfristig Anbaufläche zur Verfügung haben, sollten wir uns auf regenerative Landwirtschaft fokussieren, die Böden gesund hält und vor allem in der Tierhaltung von großer Bedeutung ist. Neben der bewussten Gewinnung von Ressourcen zur Nahrung gehört natürlich auch dazu, bereits produzierte Lebensmittel respektvoll zu nutzen und so wenig wie möglich Lebensmittel wegzuwerfen.

Die Umstellung auf eine vegane Ernährung ist dabei eine der einfachsten und effektivsten Methoden zur Verringerung des ökologischen Fußabdruck, denn die Viehzucht ist für 14,5% aller Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich. Wenn sich theoretisch alle Menschen vegan ernähren würden, könnten wir unsere CO2-Emissionen bis 2050 um acht Milliarden Tonnen reduzieren.

 

Mobilität und Transport

Im Mobilitätssektor gilt es einiges zu überdenken: Neben der Minimierung von benzinbetriebenen Autos und Flugreisen sollten sich unsere Regierungen vor allem auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs fokussieren. Hochqualitativer und bezahlbarer öffentlicher Transport sowie E-Fahrzeuge und die Nutzung von Fahrrädern im urbanen Raum können erheblich dazu beitragen, die Emissionen im Verkehrssektor zu senken.

 

Fertige Waren und Verbrauchsgüter

Ressourcen wie Stahl, Papier und Pappe, Chemikalien, Textilien und Kunststoffe üben einen starken Einfluss auf die Umwelt aus und kommen in den verschiedensten Industrien zum Einsatz. Eine der Industrien mit dem höchsten Emissionsausstoß ist die Modeindustrie. Hier gilt es, einen großen Bogen um Fast Fashion zu machen, sondern eher in nachhaltige Kleidung zu investieren, von der wir langfristig etwas haben.

Prinzipiell ist das nachhaltigste Kleidungsstück immer das, was schon in unserem Schrank hängt. Nach dem Lebenszyklus eines Kleidungsstück sollten wir uns aber auch darum kümmern, dass es wieder im Kreislauf landet und auf irgendeine Art wiederverwendet werden kann. Dasselbe gilt natürlich auch für andere Konsumgüter.

 

Bau

Die bebaute Umwelt trägt momentan zu ungefähr 40% der globalen Emissionen bei. Das liegt unter anderem daran, dass in der Baubranche Recyclingmöglichkeiten oft versäumt werden. Außerdem geht es hier natürlich auch um die Reduktion der verbrauchten Energie in Gebäuden, etwa durch Heizen und Kühlen.

Wo möglich, sollten Gebäude zudem renoviert werden beziehungsweise Gebrauch von Sekundärmaterialien machen, statt neue Ressourcen zu verwenden. Selbst wenn Rohstoffe nicht nochmal wiederverwendet werden können, sollten kreislauffähige Materialien wie Holz vor den umweltschädlichen, linearen Materialien wie Stahl und Beton favorisiert werden.

 

Wie tragen wir bei recyclehero dazu bei, den Circularity Gap zu schließen?

  • Bei recyclehero setzen wir uns für lokale Kreisläufe ein, indem wir mit Partnern innerhalb Deutschlands kooperieren, die eure Altkleider wiederverwenden. Unsere Mission ist es, mittels nachhaltiger Technologie, Logistik und Service den Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Mit recyclehero bleiben deine Wertstoffe im Kreislauf.
  • Recycelbare Wertstoffe wie Altpapier und Altglas müssen natürlich fachgerecht entsorgt werden, um tatsächlich recycelt zu werden. Das übernehmen unsere Heroes, nachdem sie die Wertstoffe bei euch zu Hause abholen.
  • Last but not least: Wir holen eure Wertstoffe und Altkleider mit dem klimafreundlichen Lastenrad ab. Damit engagieren wir uns für grüne Mobilität im urbanen Raum und vermeiden dadurch nicht nur Staus, sondern auch Emissionen. Sei dabei und mach die Welt wieder ein bisschen mehr kreislauffähig!

 

Quellen

https://www.circularity-gap.world/2023

https://www.nationalgeographic.com/foodfeatures/evolution-of-diet/

https://www.wwf.de/earth-overshoot-day

https://www.stockholmresilience.org/research/planetary-boundaries.html

https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adh2458