Kleidung spenden: Warum das gar nicht so einfach ist
Altkleider
Hannah
30.03.2024
Der Grundgedanke beim Kleidung Spenden ist leicht: Man sortiert Kleider aus, die man selbst nicht mehr braucht, um Bedürftigen zu helfen. Was als sozialer Gedanke beginnt, lässt sich an der Realität auf dem globalen Secondhandmarkt leider oft schwer umsetzen: Denn nur ein kleiner Teil, den wir bei Kleiderkammern, Sozialkaufhäusern oder Altkleidercontainern von sozialen Organisationen abgeben, kommt wirklich lokal bei bedürftigen Menschen an; ein Großteil wird verkauft und exportiert. Wie kann man also Altkleider sinnvoll spenden?
Das Grundproblem beim Kleidung Spenden
Wir verfügen in Deutschland über eine stark ausgeprägte Infrastruktur zur Sammlung von getragener Kleidung. Wohlfahrtsverbände, Kirche und Unternehmen sammeln schon seit Jahrzehnten Altkleider; alleine dadurch liegen wir im internationalen Vergleich mit unserer Sammelmenge von Altkleidern weit vorne: Jährlich kommen in Deutschland 1,3 Millionen Tonnen Textilien zusammen, 890.000 Tonnen (88%) über Altkleidercontainer (Zahlen von 2020).
Alleine schon durch das ausgeprägte Angebot an Kleidersammlungen – aber natürlich auch, weil Deutschland im internationalen Vergleich sehr wohlhabend ist – sammeln wir weitaus mehr Altkleider, als wir jemals lokal für gemeinnützige Zwecke verwenden könnten. Im Vergleich dazu werden in anderen Ländern der EU beispielsweise noch fast zwei Drittel (62%) der Altkleider im Hausmüll entsorgt – ein Entsorgungsweg, den in Deutschland "nur" 21% nutzen.
Was passiert mit Altkleidern, die für soziale Zwecke abgegeben werden?
Als Hauptbeweggrund, Kleidung zu spenden, geben 88% der Deutschen an, dass "sie hilfsbedürftige Menschen oder karitative Organisationen unterstützen möchten". Doch meist bleibt aufgrund der hohen Sammelmenge nur ein kleiner Teil der gespendeten Kleidung in lokalen Kreisläufen; der Rest wird an Verwertungsunternehmen verkauft und meist ins Ausland exportiert, damit sich die sozialen Organisationen durch die Kleiderspenden finanzieren können.
In Ländern wie Pakistan, den Arabischen Emiraten, Tunesien, Indien und zahlreichen afrikanischen Ländern südlich der Sahara, wo die meiste Kleidung aus der EU landet, werden die Altkleider aber auch nicht an Bedürftige gespendet, sondern zu günstigen Preisen verkauft. Der Beweggrund, Kleidung zu spenden, um hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen, kann also entlang dieser komplizierten Wertschöpfungskette nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), mit einer jährlichen Sammelmenge von 70.000 bis 80.000 Tonnen die größte soziale Sammlung in Deutschland, teilt die gespendete Kleidung je nach Qualität und Bedarf auf: Von der tragbaren Kleidung (ungefähr die Hälfte der abgegebenen Kleidung) landen 4.000 bis 5.000 Tonnen laut Angaben des DRK direkt bei Bedürftigen; das entspricht ungefähr 10% der brauchbaren Kleidung. Der Rest der brauchbaren Kleidung wird verkauft, um das DRK mitzufinanzieren. Die unbrauchbare Hälfte landet in der thermischen Verwertung; wird also verbrannt.
Wie kann man sicherstellen, dass Kleiderspenden für soziale Zwecke genutzt werden?
Das DRK, der größte soziale Sammler in Deutschland, hat dazu eine Antwort auf seiner Website: "Wer sicher sein will, dass seine Kleider direkt an sozial Schwache weitergegeben werden, sollte sie direkt bei den Kleiderkammern abgeben." Dazu gehört allerdings auch, dass man sich vor dem Spenden über den Bedarf der jeweiligen Einrichtung informiert. Auch bei Caritas darf man seit einiger Zeit zum Beispiel nur noch Altkleider spenden, wenn man sich vorher telefonisch über ihren Bedarf erkundigt hat. Viele gemeinnützige Organisationen, zum Beispiel auch unser Partner Hanseatic Help, veröffentlichen regelmäßig, worin aktuell akuter Bedarf besteht.
Auch wenn gemeinnützige Organisationen Kleidung oftmals ins Ausland verkaufen, haben sie natürlich einen positiven Aspekt: Sie finanzieren soziale Aktionen. Ob man Textilexporte unterstützen möchte, muss jede:r letztendlich für sich selbst entscheiden.
Kleidung spenden lohnt sich auch aus Umweltperspektive
Wenn man einmal weiß, dass wir hier in Deutschland zu viel Kleidung sammeln, als dass wir sie nur lokal für soziale Zwecke nutzen könnten, lohnt es sich auch, sich mit den anderen Beweggründen auseinanderzusetzen: 54% der Deutschen geben in einer Umfrage an, dass sie Kleidung spenden, weil sie zum Umweltschutz beitragen möchten.
Wenn das für dich einer der Hauptbeweggründe ist, solltest du vom Kleidung spenden in Kleidercontainern absehen. Die Kleidung, die zum Großteil exportiert wird, schadet den Menschen und der Umwelt in den Importländern (und darüber hinaus) extrem. Mehr erfährst du in unserem Artikel Nach dem Container ist vor dem Export: Wo landen unsere Altkleider?
Unsere Lösung: Lokale Kreisläufe
Wir von recyclehero setzen uns aktiv dafür ein, dass wir eure Altkleider lokal wiederverwenden. Kleidung billig zu exportieren nur um Profit zu machen entspricht nicht unseren Werten. Wir bauen klimafreundliche Kreisläufe mit einem transparent nachvollziehbaren Partnernetzwerk innerhalb von Deutschland auf. Durch die Kooperation mit Secondhandläden und Hilfsorganisationen innerhalb Deutschlands schaffen wir transparente, klimafreundliche Lieferketten, in denen wir Altkleider so lange wie möglich im Umlauf behalten. Unsere Schätzungen ergeben, dass wir durch die Wiederverwendung von einem Kilogramm Altkleider 15 Kilogramm CO2 einsparen.
Im ersten Schritt geht die Kleidung bei uns also an Secondhandläden. In einigen Städten haben wir im zweiten Schritt noch die Weitergabe an Hilfsorganisationen oder Bedürftige in der Region. Hierbei achten unsere Partner immer streng auf den Bedarf, sodass wir eine Wiederverwendung innerhalb Deutschlands gewährleisten können.
Quellen
https://www.bvse.de/images/fachverbaende/Textilrecycling/forsa_bvse_Textilrecycling.pdf
https://www.caritas-kleiderkammer-muenchen-nord.de/de/kleiderannahme