Altkleidercontainer in der Nähe: Was passiert mit den Altkleidern?

Die erste Wahl vieler, wenn sie Altkleider aussortiert haben ist der Altkleidercontainer in der Nähe. Ein gelernter Weg in Deutschland: Man mistet aus und bringt die Kleidung zum nächstgelegenen Container, meist mit dem Auto, meist in dem Gewissen, dass die Kleidung für soziale Zwecke gespendet wird. Man fühlt sich gut dabei. Aber sollte man das überhaupt? Wie so oft in Sachen Nachhaltigkeit ist die Antwort nicht so leicht...

Altkleidercontainer in der Nähe: Was passiert mit den Altkleidern, die hier abgegeben werden?

 

Inhalte

Altkleidercontainer von illegalen Containerfirmen

Altkleidercontainer von sozialen Einrichtungen

Exkurs: Was passiert, wenn Altkleider exportiert werden?

Gibt es beim Altkleidercontainer in der Nähe überhaupt Chancen auf lokale Wiederverwendung?

Deutsches Rotes Kreuz (DRK)

Oxfam

FairWertung

Fazit zum Altkleidercontainer in der Nähe

 

Altkleidercontainer von illegalen Containerfirmen

Ist dir auch schon mal aufgefallen, dass es in deiner Nähe plötzlich einen neuen Altkleidercontainer gibt, dessen Aussehen keinen Aufschluss darüber gibt, wer ihn betreibt? Tatsächlich gibt es viele (teils illegale) Verwertungsunternehmen und Containerfirmen, die hinter den Altkleidercontainern stecken. Das Ziel? Altkleider von Privathaushalten einsammeln und die Ware billig ins Ausland verkaufen. Hier ist Sozialhilfe Fehlanzeige: Die Firmen wollen mit den Altkleidern Profit machen und sind oft nur schwer ausfindig zu machen.

Weitere Probleme, die Container betreffen, sind die Verschmutzung der Kleidung sowie Nässe durch Wetter. Die oftmals abgelegene Lage der Container sowie die unpersönliche Abgabe führen dazu, dass Menschen allerlei Gegenstände in Containern entsorgen: von Döner, kaputtem Regenschirm, Küchenutensilien oder stark verschmutzter Kleidung ist alles dabei (den unten stehenden Kommentar haben wir uns leider nicht ausgedacht, sondern ist die Antwort einer Followerin, die früher mal beim Sortieren der Altkleider aus den Containern half; auf die Frage: Was war das verrückteste, was du mal in einem Altkleidercontainer entdeckt hast?). 

TikTok Kommentar zum Altkleidercontainer in der Nähe

Die Stadt Hamburg hat unter anderem deswegen in 2020 angefangen, sämtliche Altkleidercontainer abzubauen – nicht nur diejenigen, die illegal aufgestellt wurden. Das lag laut Aussage der Stadtreinigung vor allem daran, dass sich die abgegebenen Textilien aufgrund mangelnder Qualität und dem hohen Verschmutzungsgrad in den Containern selbst nicht mal mehr für das Downcycling zu Dämmmaterial oder Putzlappen eigneten, sondern nur noch verbrannt werden konnten. Alle 120 Altkleidercontainer von der Stadtreinigung Hamburg wurden daher bis August 2020 abgebaut.

Wohin also mit den Altkleidern? Es ist leicht, illegale Containerfirmen zu kritisieren, die von irgendjemandem mitten in der Nacht an einer dunklen Ecke aufgestellt wurden und nur Profit zum Ziel haben. Aber wie sieht es mit den Altkleidercontainern von Hilfsorganisationen oder sozialen Einrichtungen aus? Gibt es nicht auch "gute" Altkleidercontainer in der Nähe?

 

Altkleidercontainer von sozialen Einrichtungen

Neben illegalen Containern und denen der jeweiligen offiziellen Stadtreinigung verfügen wir in Deutschland über ein recht flächendeckendes Containernetz von gemeinnützigen Organisationen wie dem Roten Kreuz. Der erste Impuls, wenn man über Sammelboxen von Hilfsorganisationen hört: Man hilft Bedürftigen. Doch ganz so einfach ist es leider nicht.

Altkleidercontainer in der Nähe des Roten Kreuz

Tatsächlich sammeln wir in Deutschland weitaus mehr Altkleider, als wir jemals lokal für gemeinnützige Zwecke verwenden könnten. Deutschland verfügt im weltweiten Vergleich über eine wahnsinnig gut abgedeckte und organisierte Sammelstruktur für Alttextilien; denn wir führen die Sammlung von Altkleidern schon seit vielen Jahrzehnten in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Wirtschaftsunternehmen durch. Laut bvse (Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung) nutzen 86% der Deutschen zumindest gelegentlich Altkleidersammlungen. So kommen über ein Jahr hinweg in Deutschland 1,3 Millionen Tonnen Textilien zusammen, 890.000 Tonnen (88%) über Altkleidercontainer (Zahlen von 2020).

Schon allein wegen des flächendeckenden Netzes wird es deutschen Haushalten sehr viel leichter gemacht als andernorts, Kleidung abzugeben – vermutlich einer der Gründe dafür, warum wir in Deutschland so viel Altkleider sammeln. Im Vergleich dazu werden in anderen Ländern der EU beispielsweise noch fast zwei Drittel (62%) der Altkleider im Hausmüll entsorgt – ein Entsorgungsweg, den in Deutschland aufgrund der Sammelinfrastruktur "nur" 21% nutzen.

Was ist der Hauptbeweggrund für die Abgabe von Altkleidern in Deutschland? 88% geben die Unterstützung von Menschen und Organisationen an. Viele Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz nutzen die Altkleiderspenden allerdings nur zu einem kleinen Teil für die Hilfe von Bedürftigen und verkaufen einen großen Teil der Altkleider ins Ausland, um sich und ihre lokalen gemeinnützigen Aktionen zu finanzieren. So werden Altkleider auch nach Afrika, Asien und Osteuropa exportiert und dort zu günstigen Preisen verkauft. Die Top Fünf Importländer für Textilien aus der EU sind aktuell Pakistan, die Arabischen Emirate, Tunesien, Indien und die Ukraine.

 

Exkurs: Was passiert, wenn Altkleider exportiert werden?

Textilexporte: Wo landen die Altkleider, die du ursprünglich beim Altkleidercontainer in der Nähe abgibst?

Unsere Textilexporte haben negative Auswirkungen auf die Menschen, die Umwelt, und die Wirtschaft in den Importländern. Zum Beispiel entsteht durch das Verbrennen der Kleidung Methan, da den Importländern oft der Platz und die nötige Recyclinginfrastruktur fehlt, um die Altkleider angemessen zu verwerten. Zudem schaden wir der Umwelt, indem nutzbare Ressourcen um die halbe Welt verschifft und anschließend zerstört werden. Darüber hinaus gelangen Mikroplastik und Chemikalien aus den Kleidungsstücken über Mülldeponien in Böden und Meere. Auch die Wirtschaft in den Importländern leidet unter unseren Textilexporten, da die lokale Textilproduktion aufgrund des massiven Anstiegs an importierten Billigwaren aus dem Globalen Norden stark zurückgeht.

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie unsere Textilexporte den Importländern schaden, empfehlen wir dir unseren Artikel Nach dem Container ist vor dem Export: Wo landen unsere Altkleider? in dem wir uns auf die oben genannten Aspekte vertiefen. Jetzt wollen wir aber nochmal darauf eingehen, wie hoch der Anteil der Altkleider ist, der tatsächlich lokal verwendet wird.

 

Gibt es beim Altkleidercontainer in der Nähe überhaupt Chancen auf lokale Wiederverwendung?

Sicherlich unterscheiden sich die Verwertungsanteile bei den verschiedenen Organisationen, doch als Grundsatz kann man davon ausgehen, dass maximal 10% der Alttextilien lokal (z.B. in Charity Shops und Kleiderkammern) verwendet wird, während der Rest mithilfe größerer Verwertungsfirmen ins Ausland verkauft wird oder in der stofflichen Verwertung landet (also zu Putzlappen oder Dämmstoffen verarbeitet wird). Um genauer bewerten zu können, welche Containerfirmen wie große Anteile lokal verwenden, haben wir nochmal genauer hingesehen und die Zahlen der größten Hilfsorganisationen recherchiert.

 

Deutsches Rotes Kreuz (DRK)

Altkleidercontainer in der Nähe vom DRK (Deutschen Roten Kreuz)

Laut eigenen Angaben sammelt das DRK jährlich zwischen 70.000 und 80.000 Tonnen Altkleider, wovon nur ungefähr die Hälfte tragbar ist. Während die unbrauchbare Hälfte verbrannt wird, teilt sich der Rest je nach Qualität auf: 4.000 bis 5.000 Tonnen landen laut Angaben des DRK direkt bei Bedürftigen (ca. 10% der brauchbaren Kleidung), der Rest wird verkauft.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) wurde vor einigen Jahren im Rahmen der NDR-Reportage "Die Altkleider-Lüge" erwähnt; zum ersten Mal wurde im Rahmen der Doku offen kommuniziert, dass hierzulande gespendete Altkleider nicht direkt als Sachspenden in Krisengebieten landen, so wie es das DRK (und zahlreiche andere Organisationen) es bis dahin suggerierte. Im Anschluss an die Ausstrahlung der Doku hat das DRK häufig eingehende Fragen beantwortet. Neben Umschreibungen, vagen Verweisen auf ihre 15 verschiedenen Verwertungsunternehmen und Formulierungen à la "dieser Fall ist uns nicht bekannt" findet man auch die Frage: "Was empfehlen Sie Menschen, die sicher gehen wollen, dass ihre gut erhaltene, abgelegte Kleidung direkt Bedürftigen zugute kommt?" Das DRK antwortet: "Wer sicher sein will, dass seine Kleider direkt an sozial Schwache weitergegeben werden, sollte sie direkt bei den Kleiderkammern abgeben."

Ähnliche Zahlen kann man bei Caritas, Diakonia oder der Heilsarmee vermuten, auch wenn sich bei diesen Institutionen im Netz keine expliziten Zahlen finden lassen. Einige dieser Organisationen sind allerdings strenger in der Kommunikation; bei Caritas beispielsweise darf man seit einiger Zeit nur noch Altkleider spenden, wenn man sich vorher telefonisch über ihren Bedarf erkundigt hat.

 

Oxfam

Zwar hat Oxfam keine eigenen Container, doch die Hilfsorganisation ist wohl eine der bekanntesten Anlaufstellen für Altkleiderspenden in Deutschland. Auf unsere Anfrage über Oxfam's Verwertung von Alttextilien haben wir eine ausführliche, wenn auch nicht ganz transparente Antwort erhalten. Zunächst versucht Oxfam, so viel Kleidung wie möglich in den lokalen Shops zu verkaufen. Eine Prozentangabe gibt es nicht. Zwischen verschiedenen Oxfam-Shops findet ein Austausch statt, sodass die Kleidung im Zweifelsfall in einem anderen Shop erfolgreich verkauft werden kann. Außerdem gebe es auch "Vereinbarungen mit kleinen, regional agierenden karitativen Institutionen".

Auf die Frage nach Textilexporten gibt Oxfam an, dass sie selbst keine Klamotten exportieren, jedoch Textilien an Verwertungsfirmen verkaufen, die unter dem Dachverband FairWertung e.V. zertifiziert sind. Diese Firmen sortieren die Ware und finden einen geeigneten Verwendungsweg je nach Beschaffenheit der Kleidung. Im Normalfall bedeutet das, dass die Ware mit der schlechtesten Qualität ("tropical mix") in afrikanischen Ländern südlich der Sahara landet.

 

FairWertung

Altkleidercontainer in der Nähe von Fairwertung

FairWertung ist ein Zusammenschluss von rund 130 gemeinnützigen Organisationen, die sich dazu verpflichtet haben, soziale und ökologische Standards einzuhalten. Diese Standards umfassen beispielsweise die gemeinnützige Ausrichtung der Organisationen und den Verzicht auf eigennützige Ziele. Die Erlöse aus dem Verkauf der gesammelten Kleidung werden direkt und indirekt sozialen, diakonischen oder karitativen Zwecken zugeführt. Zudem legt FairWertung großen Wert auf transparente Informationen über den Zweck und die Verwendung der Kleidersammlung. FairWertung arbeitet wie erwähnt auch mit Oxfam zusammen.

 

Fazit zum Altkleidercontainer in der Nähe

Abschließend wollen wir die Frage beantworten: Kann man den Altkleidercontainer in der Nähe guten Gewissens nutzen? So leicht lässt sich das nicht beantworten. Wir finden, man kann den Handel von sozialen Einrichtungen mit Altkleidern weder per se verteufeln noch loben. Auf der einen Seite exportieren die Organisationen einen großen Teil der Altkleiderspenden mithilfe von Verwertungsfirmen, auf der anderen Seite finanzieren sie ihre gemeinnützigen Aktionen durch die verkauften Altkleider. Hier lohnt es sich zumindest, nach den Logos "FairWertung" oder "BVSE Qualitätssiegel Alttextilsammlung" Ausschau zu halten. Und wie das DRK richtig sagt: Schon die persönliche Abgabe bei der Kleiderkammer direkt versichert wahrscheinlich eher die lokale Wiederverwendung als wenn man die Kleidung in einen Container derselben Einrichtung wirft.

Wir bei recyclehero sprechen uns aber explizit gegen Textilexporte aus, weil wir es nicht fair finden, dass Menschen im Globalen Süden für die Entsorgung unserer Kleidung verantwortlich gemacht werden. Allerdings muss jede:r für sich selbst entscheiden, was er oder sie unterstützen möchte. Wir finden es einfach wichtig, dass es mehr Bewusstsein dafür gibt, was mit den Altkleidern passiert, die bei Containern von sozialen Einrichtungen abgegeben werden und dass man nicht denkt, sie landen zu 100% lokal bei Bedürftigen.

Wenn dir die lokale und sinnvolle Verwertung von Altkleidern wichtig ist, kannst du deine Altkleider auch kostenlos von recyclehero abholen lassen: Wir nutzen klimaneutrale Logistik und arbeiten mit lokalen Secondhandpartnern und Hilfsorganisationen zusammen, die eine lokale Wiederverwendung für die Altkleider finden. Alle Abholungen sind bei uns kostenlos und mit wenig Vorlauf über unsere Website buchbar. Kuckt doch mal vorbei und informier dich über unsere Website, wo deine Altkleider landen.

 

 

Quellen

https://circulareconomy.europa.eu/platform/sites/default/files/2023-02/LCA-based%20assessment%20of%20the%20management%20of%20European%20used%20textiles_corrected.pdf 

https://www.resorti.de/blog/altkleiderentsorgung/ 

https://www.drk.de/spenden/spenderservice/spendentransparenz-spenderservice/kleidersammlung/#:~:text=In%20welche%20L%C3%A4nder%20exportieren%20die,Textilverwertung%20mit%20Sitz%20in%20Wolfen.

https://www.drk.de/spenden/spenderservice/spendentransparenz-spenderservice/kleidersammlung/ 

https://www.eionet.europa.eu/etcs/etc-ce/products/etc-ce-report-2023-4-eu-exports-of-used-textiles-in-europe2019s-circular-economy/@@download/file/Export_textiles_corrected%20(3).pdf 

https://www.bvse.de/themen/geschichte-des-textilrecycling/zahlen-zur-sammlung-und-verwendung-von-altkleidern.html 

https://www.t-online.de/leben/id_75127466/altkleidercontainer-diese-sollen-sie-vermeiden-ueberblick.html