Degrowth: Eine nachhaltige Wirtschaft für eine bessere Zukunft

Immer mehr wird uns an verschiedenen Stellen bewusst: Unendliches Wachstum kann ohne drastische Folgen für unseren Planeten so nicht weitergehen. Aus diesem Grundgedanken hat sich eine gedankliche Strömung entwickelt: Degrowth; oft auch als Postwachstum bezeichnet. Statt der reinen Profitgier einer klassisch kapitalistischen Wirtschaft zielt Degrowth auf ein nachhaltigeres, langsameres und inklusiveres Wachstum ab. Aber wie genau kann das funktionieren? Und was genau ist nötig, damit sich Degrowth als Wirtschaftsform etablieren könnte?

Degrowth bezeichnet ein nachhaltiges Wirtschaften, bei dem bewusst ein Rückgang angestrebt wird

 

Was ist Degrowth und warum besteht Interesse daran?

Degrowth, auch als Postwachstum oder Entwachstum bekannt, stellt eine alternative Wirtschaftsphilosophie zum aktuellen effizienten Denken des Kapitalismus dar. Neben reinem Verzicht und dem Beachten ökologischer Grenzen stehen aber auch neue soziale Qualitäten im Vordergrund. Hier werden andere Kriterien favorisiert als stetiges Wachstum und unerbittlicher Wettbewerb: zum Beispiel soziale Gerechtigkeit, Teilhabe, stabile soziale Beziehungen, Freiheit, Selbstwirksamkeit und die langfristige Sicherung unserer Lebensgrundlagen. Das Postwachstum bevorzugt Qualität vor Quantität und lokale Wirtschaftsförderung gegenüber globalen Ansätzen. Die Relokalisierung der Wirtschaft, die Förderung öffentlicher Güter und Verkehrsdienstleistungen sowie die Erhaltung von Grünflächen sind zentrale Elemente.

Der Begriff selbst leitet sich aus dem Französischen ab und beschreibt den Prozess, bei dem ein Fluss nach einer Überschwemmung wieder in seine ursprüngliche Form zurückkehrt. Das Präfix "De" symbolisiert dabei das Wegnehmen oder die Reduktion von Wachstum.

Unser Wirtschaftswachstum wirkt sich negativ auf die Umwelt aus.

 

Früher diente wirtschaftliches Wachstum vor allem dem Fortschritt und der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse. Heutzutage jedoch überschreiten unsere Kapazitäten weit mehr als nur diese Grundbedürfnisse – und das mit oft negativen Auswirkungen auf unseren Planeten. Ein drastisches Beispiel hierfür ist zum Beispiel das sogenannte Phänomen "Waste Colonialism" im Bezug auf Altkleider oder Elektrogeräte: Der Globale Norden konsumiert und produziert so viel Kleidung und elektronische Endgeräte, dass Textilmüll und Elektroschrott nach kurzer Zeit im Globalen Süden entsorgt werden. Die Lebensqualität der Wohlstandsschicht (in Form von ungezügeltem Konsum) wird bei diesem Phänomen über das Wohlergehen der Menschen im Globalen Süden und über den Planeten gestellt. Degrowth hingegen bezieht alle Lebewesen mit ein und hat das Wohlergehen aller zum Ziel.

Solltest du über die Ungerechtigkeit der globalen Textilexporte gerne mehr wissen wollen, empfehlen wir dir diesen Artikel: Nach dem Container ist vor dem Export: Wo landen unsere Altkleider?

 

Warum könnte Degrowth eine sinnvolle Wirtschaftsweise sein?

Die Welt ist weiterhin auf kurzfristiges Profitdenken fokussiert, das oft Umweltschutz und Menschenrechte vernachlässigt. Die Reduktion von CO2-Emissionen ist nur möglich, wenn das Wirtschaftswachstum nicht weiter exzessiv vorangetrieben wird. Während unser aktuelles Wirtschaften auf dem Leitprinzip der Effizienz beruht, die sich durch möglichst geringen Aufwand für maximale Produktion auszeichnet, setzt Degrowth auf Suffizienz: eine bewusste Beschränkung, da natürliche Ressourcen begrenzt sind. Daher wird auch die Idee einer vordefinierten Obergrenze für nachhaltiges Wirtschaftswachstum diskutiert.

Die Herausforderung besteht allerdings darin, dass viele Menschen ihre Lebensqualität stark am Konsum messen. Das Postwachstum strebt eine Umverteilung von Reichtum und Ressourcen an, da Milliardäre weitaus mehr Emissionen verursachen als Durchschnittsbürger:innen. Diese neue Wirtschaftsweise legt Wert auf ökologische Lebensgrundlagen und zielt darauf ab, keine Ressourcen zu verschwenden. Durch Achtsamkeit, Solidarität und Kooperation können wir gemeinsam einen Beitrag leisten.

Wenn Kapitalismus „schneller, höher, mehr“ ist, ist Degrowth „weniger, bewusster, besser“.

 

Was ist nötig, damit sich Degrowth etablieren kann?

All you need is less

Kritiker:innen bemängeln, dass eine absichtlich schrumpfende Wirtschaft unrealistisch sei, besonders hinsichtlich der drastischen Auswirkungen auf Arbeitsplätze. Ein weiterer Kritikpunkt ist die anmaßende Haltung des Globalen Nordens gegenüber Entwicklungsländern, die in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und Unabhängigkeit noch nicht so weit sind und möglicherweise eine klassisch kapitalistische Wirtschaftsweise erstrebenswert finden.

Diese Kritikpunkte machen deutlich, dass die Etablierung des Postwachstum einen kompletten Systemwandel und kulturelles Umlernen erfordert. Es betrifft alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche und erfordert politische Teilhabe in Form demokratischer Entscheidungsformen. Auch die Wirtschaft sollte hier Anreize setzen: beispielsweise sollten Subventionen weg von Firmenwagen hin zu öffentlicher Infrastruktur umgelenkt werden, während Bildungsreformen und Forschung im Bereich Degrowth gefördert werden müssten. Wachstumskritik und eine progressive Lebensqualitätsmessung sind ebenfalls notwendig.

 

Unser Fazit zu Degrowth

Für den Erhalt künftiger Generationen ist ein Wachstumsrückgang unvermeidbar. Ob dies jedoch freiwillig oder erzwungen geschieht, bleibt abzuwarten. Das Postwachstum stellt eine Herausforderung für etablierte Denkweisen dar, könnte sich jedoch langfristig als sinnvolles Modell herausstellen. Es ermutigt dazu, bewusst die Ressourcen zu nutzen, die bereits zur Verfügung stehen, und setzt Anreize für die Kreislaufwirtschaft.

Bei recyclehero zielen wir bewusst darauf ab, Wertstoffe in lokale Kreisläufe zurückzuführen, damit Neuproduktion vermieden wird und Ressourcen geschont werden. Wenn wir rein profitorientiert und auf Wachstum aus wären, könnten wir zum Beispiel gesammelte Altkleider auch einfach verkaufen und billig in den Globalen Süden exportieren. Das entspricht aber nicht unseren Wertvorstellungen. Stattdessen wollen wir nach dem Prinzip der "Relokalisierung" lokale und regionale Kreisläufe aufbauen, die es uns langfristig ermöglichen, dass wir ohne weite Transportwege lokal Ressourcen weiterverwenden können.

Außerdem setzen wir uns dafür ein, Menschen über die soziale Ungerechtigkeit zu informieren, die mit unseren verschwenderischen Konsumgewohnheiten zusammenhängen. Zum Beispiel schreiben und sprechen wir viel darüber, wie sich unser Textilmüll aus Europa auf die Menschen im Globalen Süden auswirkt. Denn wir finden:

"Die Lebensqualität einer kleinen Wohlstandsschicht darf sich weder negativ auf die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung auswirken, noch auf unseren Planeten."

 

Quellen

https://degrowth.info/de/degrowth-de

https://www.wiwo.de/technologie/green/degrowth-fuer-dummies-das-sind-die-zehn-zentralen-ideen-der-bewegung/13550156.html

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/degrowth-eine-realistische-vision/

https://umweltmission.de/wissen/degrowth/

https://umweltmission.de/wissen/suffizienz/