Alles, was du über Altkleider wissen musst
Altkleider
Hannah
09.01.2024
Fasziniert dich das Thema Altkleider genauso wie uns? Dann bist du hier genau richtig. Wir klären über alles auf, was mit Altkleidern zu tun hat und liefern dir die harten Fakten: Wie viel Altkleider exportiert Deutschland pro Jahr? Wie hoch ist der Anteil der Altkleider, der aktuell recycelt wird? Was passiert mit Altkleidern, die man im Altkleidercontainer abgibt? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir im ultimativen Guide über alles, was du über Altkleider wissen musst.
Inhalte
Was sind Altkleider und wie viel entsorgen wir pro Jahr?
Was passiert mit Altkleidern, die man im Altkleidercontainer abgibt?
Eignen sich Altkleider überhaupt noch für die Wiederverwendung?
Was wird sich am Umgang mit Altkleidern ändern?
Was macht recyclehero mit deinen Altkleidern?
Was sind Altkleider und wie viel entsorgen wir pro Jahr?
Starten wir mit dem offensichtlichen: Was sind Altkleider? Altkleider sind gebrauchte oder ungebrauchte Kleidung, Schuhe und prinzipiell alles, was man am Körper tragen kann (also auch Rucksäcke, Handschuhe, Mützen, etc.). Heimtextilien wie Bettwäsche, Teppiche oder Handtücher zählen laut unserer Definition nicht dazu.
Jährlich entstehen in der EU 12,6 Millionen Tonnen Textilmüll. 5,2 Millionen Tonnen davon entfallen allein auf Kleidung und Schuhe, was einer Menge von 12 Kilogramm Textilmüll pro Person und Jahr auf EU-Ebene entspricht. Nur 5% der Altkleider, die sogenannte Creme, wird an Märkte im Globalen Norden verkauft, wo sie als hochwertige Secondhand- oder Vintage-Kleidung verkauft wird.
Deutschland ist absoluter Top Exporteur in der EU und ist insgesamt für 36% der Textilexporte aus der EU verantwortlich. Auch auf globaler Ebene belegt Deutschland Platz zwei in der Weltrangliste der Top Exporteure nach den USA (die Zahlen sind nicht pro Kopf gerechnet sondern als Masse insgesamt zu verstehen – noch heftiger, wenn man bedenkt, dass die USA weitaus stärker bevölkert ist als Deutschland).
Was passiert mit Altkleidern, die man im Altkleidercontainer abgibt?
In Deutschland sammeln wir viel mehr Altkleider, als wir für lokale gemeinnützige Zwecke nutzen können. Aber was passiert also mit den überschüssigen Altkleidern? Viele Organisationen wie die Caritas oder das Deutsche Rote Kreuz nutzen die Altkleiderspenden, um sich und ihre lokalen gemeinnützigen Aktionen zu finanzieren und verkaufen die Textilien ins Ausland. So werden Altkleider auch nach Afrika, Asien und Osteuropa exportiert und dort zu günstigen Preisen verkauft. Die Top Fünf Importländer für Textilien aus der EU sind aktuell Pakistan, die Arabischen Emirate, Tunesien, Indien und die Ukraine.
Allerdings schaden unsere Textilexporte den Menschen in den Importländern, zum Beispiel durch die Methanbelastung, die durch das Verbrennen der Kleidung entsteht – eine gängige Praxis, denn den Importländern mangelt es an Platz. Außerdem schaden wir der Umwelt (um nur kurz auf zwei Kernprobleme einzugehen: nutzbare Ressourcen werden um die halbe Welt verschifft und anschließend zerstört, außerdem sickern in der Kleidung enthaltenes Mikroplastik und Chemikalien über Mülldeponien in Böden und Meere) und auch der Wirtschaft in den Importländern (die lokale Textilproduktion der Importländer geht extrem zurück, da das Angebot importierter Billigware aus dem Globalen Norden massiv angestiegen ist).
Mehr zum Thema Wo landen unsere Altkleider? und wie sich unser Textilmüll auf die Umwelt, Menschen und Wirtschaft in den Importländern auswirkt, erfährst du ihm verlinkten Artikel.
Eignen sich Altkleider überhaupt noch für die Wiederverwendung?
Vor dem Hintergrund der immer schneller wachsenden und produzierenden (Ultra) Fast Fashion Unternehmen sollte uns eines bewusst sein: Die Qualität unserer Kleidung wird immer schlechter. Das bedeutet, dass sich langfristig wahrscheinlich der Anteil der Kleidung, die sich für Resale eignet, verkleinern wird und sich der Anteil der Kleidung, die recycelt wird, vergrößert. Doch auch im Recyclingbereich sind wir lange noch nicht da, wo wir eigentlich hin müssten: Während momentan circa 1% unseres globalen Textilmülls recycelt wird, schätzt McKinsey, dass eigentlich 20% der Textilien recycelt werden könnten.
Außerdem ist Recycling nicht gleich Recycling. Während chemisches Recycling viele Ressourcen aufwendet, ist mechanisches Recycling weitaus umweltfreundlicher. Denn mechanisches Recycling schreddert die Textilien zu Fasern, die anschließend wieder für die Textilproduktion verwendet werden können. Meist können bisher nur sortenreine Fasern mechanisch recycelt werden (z.B. 100% Baumwolle oder 100% Polyester), obwohl ein Großteil der Kleidung auf dem Markt aus sogenannten Mischfasern besteht. Das Startup eeden ist einer der Pioniere, die bereits jetzt eine Faser-zu-Faser-Recycling-Lösung für Mischfasern anbietet. Dazu erfährst du mehr in unserem Artikel Kann Textilrecycling unser Altkleiderproblem lösen? Im Gespräch mit Startup eeden.
Ein maßgeblicher Teil von Altkleidern mit geringerer Qualität gelangt außerdem ins Downcycling, bei dem die Textilien zu minderwertigerer Ware verarbeitet wird; z.B. Malervlies, Isoliermaterial oder Putzlappen. Ein Produkt oder Material wird also in seine Bestandteile zerlegt, um es anschließend in einem anderen Produkt oder Material wiederzuverwenden. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie eine effizientere Nutzung von Rohstoffen ermöglicht und so die Umweltbelastung minimiert. Trotzdem sollte Downcycling in der Verarbeitung von Altkleidern als einer der letzten Schritte betrachtet werden, sodass möglichst viele Alttextilien in ihrer originalen Form wiederverwendet werden können.
Was wird sich am Umgang mit Altkleidern ändern?
Aktuell tut sich auf gesetzlicher Ebene glücklicherweise viel, denn die EU arbeitet zielstrebig auf den Green Deal hin. Der Green Deal, der zum Ziel hat, dass Europa als erster Kontinent bis 2050 klimaneutral wird, beinhaltet viele Gesetzesentwürfe und Vorschläge der EU-Kommission, die vermutlich in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Die relevantesten Änderungen im Bereich Altkleider sind aus unserer Sicht die Erweiterte Herstellerverantwortung und das Verbot, unverkaufte Textilien zu zerstören, über die wir an dieser Stelle nur kurz, aber in weiterführenden Artikeln tiefergehend eingehen. Hierbei freut uns besonders, dass die EU verstärkt auf diejenigen Textilien eingeht, die durch Unternehmen verursacht werden – denn hier besteht ein sehr großer Hebel für Veränderung.
Erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)
Es entsteht eine Menge Textilmüll, für den Unternehmen verantwortlich sind (zum Beispiel weil sie bewusst zu viel Ware produziert haben oder Kleidung als Retouren zurückgeschickt bekommen haben). Für die Entsorgung dieser Textilien sollen Unternehmen ab 2025 verantwortlich gemacht werden. Die Richtlinie nennt sich Erweiterte Herstellerverantwortung, englisch Extended Producer Responsibility, und wird oft mit EPR abgekürzt.
Unternehmen sollen also entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produktes die Verantwortung für dieses übernehmen. Das bedeutet auch, dass sie Gebühren für unsachgemäß entsorgte Textilien zahlen müssen. Genaueres zur Höhe der Sanktionen steht aktuell noch nicht fest. Was aber feststeht, ist dass die Sanktionen auch technologische Innovationen (z.B. Faser-zu-Faser-Recycling) sowie den Ausbau der Infrastruktur für die Sammlung, Sortierung und das Recycling von Altkleidern finanzieren sollen.
Mehr zum Thema Erweiterte Herstellerverantwortung erfährst du ihm verlinkten Artikel.
Verbot unverkaufte Textilien zu zerstören
Im Rahmen der Ökodesign-Verordnung haben Mitgliedsstaaten und EU-Parlamentarier vorläufig beschlossen, dass größere Händler in der EU bald keine unverkauften Textilien mehr zerstören dürfen. Es ist noch nicht ganz klar, ob dieses Verbot nur für Unternehmen mit Sitz in der EU gilt oder auch für Händler, die ihre Ware in die EU importieren möchten. Während die Regelung für große Unternehmen bereits in zwei Jahren in Kraft treten soll, erhalten mittelgroße Unternehmen eine Übergangsfrist von sechs Jahren. Kleine Unternehmen sind laut aktuellem Stand von dieser Regelung sogar ganz ausgenommen.
Mehr zum Thema Verbot unverkaufte Textilien zu zerstören erfährst du ihm verlinkten Artikel.
Was macht recyclehero mit deinen Altkleidern?
Bisher wird auf EU-Ebene stark auf den Umgang von Unternehmen mit Textilien fokussiert – was wir per se sehr sinnvoll finden. Vor allem Fast Fashion Unternehmen sollten für ihren umweltschädlichen Ressourcenumgang in die Verantwortung gezogen werden. Allerdings braucht es natürlich auch sinnvolle Lösungen für Endkonsument:innen, die aufzeigen, wie man am sinnvollsten mit getragener Kleidung umgeht. In dieser Rolle verstehen wir uns bei recyclehero.
Wir wollen euch die Rückführung eurer Altkleider in lokale Kreisläufe erleichtern und lokale Reuse- & Recycling-Kreisläufe aufbauen. Wir finden: Jede:r sollte Zugang zu einfachen Lösungen im Umgang mit Altkleidern haben.
Indem wir mit Secondhandläden und Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, führen wir Altkleider in lokale Kreisläufe zurück und können den Klamotten so (mindestens) ein zweites Leben geben. Je nach Stadt, in der wir agieren, unterscheiden sich die Abnehmer. Mehr dazu könnt ihr auf unserer Seite über Altkleider unter der jeweiligen Stadt erfahren. Indem wir Altkleider zur Wiederverwendung und zum Recycling anbieten, sparen wir pro gesammeltem Kilogramm Altkleider 15 Kilogramm CO2 ein1. Das zahlt auf unsere Mission und Vision ein: Möglichst viel CO2 reduzieren und den Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft erleichtern und beschleunigen.
1 Die Zahl basiert auf der Berechnung von Humana, dass ein Kilogramm normal gemischte Kleidung in Herstellung und Distribution 15-30 kg CO2 verursacht und auf der Berechnung von INTEXTER, dass 25 kg eingespart werden. Tatsächlich wird aber durch die Distribution von Altkleidern in den Kreislauf nicht 100% des zur Neuproduktion verwendeten CO2 eingespart, weil die Annahme besteht, dass nur noch circa 60% der Altkleider tragbar sind und dadurch die Neuproduktion von Textilien verhindern.
Quellen
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/api/files/attachment/875571/FS%20-%20Erweiterte%20Herstellerverantwortung%20f%C3%BCr%20Textilien.pdf.pdf